Spotlight 26.3.21

Das BVRD.at-Spotlight richtet den Scheinwerfer auf spannende Themen. Um Augen-Notfälle und Notfälle an Board von Flugzeugen ging es am 26.3.2021.

 

„Nicht alles was medizinisch indiziert oder notwendig ist,
ist an Board eines Flugzeugs auch technisch möglich.“

Dr. David Gabriel

 

Dr. David Gabriel, Arzt, Entrepreneur, Medizinischer Berater, Health Coach, Berufspilot, CEO von Med on Board, gab einen Einblick hinter die Kulissen der Luftfahrt und vermittelte ein Bild davon, was es bei Notfällen an Board von Flugzeugen zu erwägen und zu beachten gilt.

Notfälle an Board von Flugzeugen sind immer eine besondere Herausforderung. Flugzeuge sind eng, es gibt keine vorgesehenen Sanitätsräume und das verfügbare Material zur Versorgung ist je nach Airline höchst unterschiedlich. 

An Board eines Airbus können bis zu 853 Passagie und 24 Crew-Mitglieder reisen. Anders als bei jeder Theateraufführung dieser Größenordnung gibt es auf Flugzeugen kein medizinisches Personal, keine Sanitätsstation und keine Krankenliege. Erkrankt oder verletzt sich ein*e Passagier*in, ist Improvisation angesagt.

 

Besonders bei Langstreckenflügen sind medizinische Zwischenfälle häufig

Laut Lufthansa Register gibt es ca. 8 Reanimationen und 12 Todesfälle pro Jahr, eine Geburt und 81 psychiatrische Zwischenfälle. Medizinische Zwischenfälle treten häufig auf. Bei 4,5 Milliarden Flugpassagieren weltweit pro Jahr (vor der Covid-Pandemie) werden rund 30.000 medizinische Probleme pro Monat verzeichnet. 70% aller Zwischenfälle ereignen sich auf Interkontinentalflügen, bei rund zwei Drittel davon leistet ein*e Mediziner*in an Board Hilfe.

 

Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/129543/Medizinische-Notfallsituationen-im-Flugzeug

 

Neben der beengten Platzsituation und einer beschränkten Ausrüstung, spielen natürlich auch die Druckverhältnisse an Board von Flugzeugen eine entscheidende Rolle bei medizinischen Notfällen. Von Gasausdehnungen können etwa neben den Ohren auch Zähne, Nasennebenhöhlen der Verdauungstrakt, oder aber auch die Augen betroffen sein. Zudem ist zu beachten, dass die Sauerstoffsättigung aufgrund des Druckausgleichs vermindert ist, was bei Patient*innen mit bekannten Vorerkrankungen dahingehende Probleme verschärfen kann. Daher lohnt es sich auch, beim nächsten Flug ein Pulsoximeter mitzunehmen.

 

 

Med on Board next Level 

Mit 2021 hat sich ein bewährtes Team mit neuen Modulen und einem nachhaltigen, moderneren Aufbau neu als „Med on Baord“ aufgestellt. Im Zentrum des innovativen Kursformates stehen Themen wie:

  • Erkennen von medizinischen Notfällen
  • BLS und ALS
  • Arbeiten auf engem Raum
  • Nutzung von Boardequipment
  • Kommunikation
  • Rechtliche Aspekte
  • Entscheidungsfindung
  • Teamwork

 

 

Der Kurs findet am Trainingscenter der AUA am Flughafen Schwechat statt. Geübt wird dabei auch die Evakuierung eines Flugzeugs, damit Kursabsolvent*innen auch für Flugnotfälle bestens vorbereitet sind.

 

 


„Bei Augen-Notfällen steht für Patient:innen zwar meist nicht das Überleben,
sehr wohl aber ihr Augenlicht auf dem Spiel.“

Dr. EDUARD SCHMID

 

Worauf es ankommt, um dieses wichtige Sinnesorgan bei verschiedenen Krankheits- und Verletzungsmustern zu erhalten, sprach Dr. Eduard Schmid, Oberarzt an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie in Innsbruck.

Vgl. https://www.kenhub.com/de/library/anatomie/nervus-ophthalmicus

Augennotfälle machen Stress

Augennotfälle sind zwar zum Glück meist nicht lebensbedrohlich, sie können jedoch eine enorme Auswirkung auf die Lebensqualität der Betroffenen haben. Sie kommen im Rettungsdienst nicht sehr oft vor, werfen viele Fragen auf und machen deshalb allen Beteiligten Stress: Wird die/der Patient*in jemals wieder sehen können? Soll ein Verband angelegt werden und wenn ja, wie? Welches Krankenhaus kann eine Augenverletzung adäquat versorgen? Sind Fachärzte und Operateure verfügbar?

Augentraumata werden innerklinisch nach der Birmingham Einteilung von Augenverletzungen eingeteilt. 

Bild: https://eyewiki.aao.org/Birmingham_Eye_Trauma_Terminology_(BETT)

 

Dabei geht es um die Einteilung nach Kontusion, Ruptur, Fremdkörper im Auge, Lazeration, Perforation oder Penetration mit den jeweiligen Erfolgschancen auf Heilung.  

Je nachdem, welcher Bereich des Auges betroffen ist, gestalten sich Schmerzen unterschiedlich. Eine Hornhautverletzung ist meist sehr schmerzhaft, weil sie gut innverviert ist. Oftmals entsteht ein Lidschlußkrampf, sodass das Auge nur von außen öffnen lässt. Um die Gefahr einer weiteren Verletzung zu mildern, sollte man hier mit Betäubungstropfen wie etwa Tetracain 1% oder Oxybuprocain 0,4% arbeiten. Weniger schmerzhaft ist eine Verletzung der Bindehaut oder Lederhaut. 

Spülen, spülen, spülen

Augenverätzungen gehören zu den wenigen echten Notfällen in der Augenheilkunde. Das wichtigste dabei ist eine sofortige Spülung, um die ätzende Substanz zu verdünnen und die Wirkung zu mildern. Im Notfall ist dafür alles erlaubt, sogar Cola, Milch oder Bier (vgl. Lauren et al. 2014, Schrage 2015).

Ideal ist natürlich der Einsatz einer entsprechenden Augendusche oder Augenspülung, etwa die Previn®-Lösung. Auch Schmerzstillende Maßnahmen sind indiziert.

Bilder: https://www.prevor.com

 

Nicht selten resultieren auch der Einsatz von Pfefferspray und Tränengas in Augenreizungen. Die Substanzen, die dabei zum Tragen kommen, sind Oleoresin Capsicum (OC), Omega-Chloracetophenon (CN) oder 2-Chlorbezylidenmalonsäuredinitril (CS). Sie werden als Flüssigkeit versprüht und wirken auf die Haut (Rötungen) und Schleimhäute der Augen, Nase, des Mundes und der oberen Atemwege. Sie verursachen eine milde Verätzung an der Binde- und Hornhaut, die jedoch ohne Narbenbildung wieder abheilen.

Kein Druck auf das verletzte Auge!

Ziele der Versorgung von Augenverletzungen:

  • Wunde keimfrei abdecken
  • Blutung stillen
  • Schmerzen reduzieren

 

Wichtig: Man muss jedenfalls vermeiden, durch Druck auf das Auge den Augeninhalt nach außen zu drücken! Ein auch gut gemeinter Verband, der direkt auf das verletzte Auge drückt, ist jedenfalls zu vermeiden!

Zur Versorgung des verletzten Auges: Augenschale befestigen und ohne Verband schützen. Allfällige Blutungen sind dabei zu vernachlässigen.

Zur Versorgung des gesunden Auges: Abdeckung mit lockerem Verband.

 

Allfällige Fremdkörper werden im Auge belassen und so gut es geht fixiert und abgedeckt. Auch hier wirken eine Schmerztherapie und Beruhigung positiv. Wichtig ist der Transfer zu einem Krankenhaus mit Augenabteilung. Auch eine Vorverständigung sollte bei schweren Augenverletzungen unbedingt erfolgen.

Augenmigräne

Nicht alles, was sich für die Betroffenen wie ein Augennotfall anfühlt, ist auch einer. Ein Beispiel dafür ist Augenmigräne, oder genauer gesagt eine Migräne mit einer ophthalmologischen Aura. Es handelt sich dabei um eine sich langsam ausbreitende Gesichtsfeldveränderung, die die Sicht stark beeinflussen kann; oft wird sie als Zacken, Lichter oder Blitze beschrieben. Eine solche Aura dauert meist ca. 30 Minuten und zieht in aller Regel starke Kopfschmerzen nach sich. Für die Augen bzw. die Sehkraft ist sie nicht gefährlich, für die Betroffenen erscheint sie jedoch – speziell bei erstmaligem Auftreten – als sehr bedrohlich und wird oft mit einem Augenproblem oder Schlaganfall verwechselt.

Akuter Glaukomanfall

Ein Glaukomanfall wird durch eine massive Steigerung des Augeninnendrucks ausgelöst. Symptome sind Schmerzen im Bereich der Schläfe, Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, eine Sehverschlechterung und eine rote Einfärbung der Bindehaut. Die Pupille kann unförmig werden und oftmals fehlt eine direkte Lichtreaktion. Der erhöhte Augeninnendruck schädigt den Sehnerv, was zu irrversiblen Schäden führt. Es besteht akute Erblindungsgefahr, was den Glaukomanfall zu einem zeitkritischen Notfall macht.

Bild: http://www.heilberufe-ausbildung.de/Sinnesorgane/Glaukom.html